Nahost

Israelische Armee kann Berichte über angebliche "Baby-Morde" der Hamas nicht bestätigen

Internationale Medien übernahmen ungeprüft den Inhalt einer Video-Reportage einer israelischen Journalistin, die über ein Massaker an Babys und Kleinkindern berichtete. Nun gab die israelische Armee zu Protokoll, dass ihr diesbezügliche Ereignisse nicht bekannt seien.
Israelische Armee kann Berichte über angebliche "Baby-Morde" der Hamas nicht bestätigen© Screenshot: Bild.de711.10.23

In Zeiten von kriegerischen Auseinandersetzungen gilt auch weiterhin die bedauerliche mediale Realität, dass je blutrünstiger die Berichterstattung, desto höher die Garantie auf erwünschte Wahrnehmung. Exemplarisches Beispiel ist ein vermeintlich brutales Ereignis im Grenzgebiet zu Gaza, welches am 10 und 11. Oktober seinen Weg in die internationalen Medien fand. Eine Reporterin des israelischen Mediums i24-News behauptete in einer Video-Reportage, dass die "Hamas-Terroristen mindestens 40 Babys und Kleinkinder abschlachteten". 

Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansı kontaktierte daraufhin die Pressestelle der israelischen Armee. In dem Artikel heißt es nun:

"Ein Sprecher der israelischen Armee teilt Anadolu telefonisch mit, dass ihr keine Informationen vorliegen, die die Behauptung bestätigen, dass die "Hamas Babys enthauptet" hat."

Die sogenannte "Brutkastenlüge" war ein ähnlich strukturiertes Medienereignis aus dem Jahr 1990. Bewusst manipulierend wurde dabei die Falschbehauptung lanciert, dass irakische Soldaten bei der Invasion Kuwaits im August 1990, dem Beginn des Zweiten Golfkriegs, "kuwaitische Frühgeborene getötet hätten, indem sie diese aus ihren Brutkästen gerissen und auf dem Boden hätten sterben lassen". Rund dreißig Jahre später heißt es in dem betreffenden X-Posting:

"i24NEWS-Korrespondentin Nicole Zedek berichtet aus dem Kibbuz Kfar Aza, eine Viertelmeile von der Grenze zum Gazastreifen entfernt, und erzählt von den Gräueltaten, die in der kleinen Gemeinde begangen wurden."

Die Reporterin war dabei Bestandteil einer Pressegruppe, die unter Begleitung von israelischen Soldaten den Kibbuz aufsuchte. Sie berichtete dann in ihrer Moderation über Informationen eines Soldaten, die sich später auch im i24NEWS-Schriftartikel wiederfinden. So heißt es wörtlich:

"Einige Soldaten berichten, dass sie Babys mit abgetrennten Köpfen gefunden hätten, ganze Familien seien in ihren Betten erschossen worden. Etwa 40 Säuglinge und Kleinkinder wurden auf Bahren abtransportiert – bis jetzt."

Weltweite Redaktionen übernahmen unmittelbar und ohne zu hinterfragen diese Darstellung von Ereignissen. So lauteten deutsche Schlagzeilen:

  • NIUS: Hamas köpfte Babys: Leichen von 40 Säuglingen aus Kibbuz geborgen
  • Bild-Zeitung: Reporterin berichtet über Massaker – "Babys mit abgeschnittenen Köpfen"
  • Ticker-Meldung Berliner Zeitung: Mehreren Berichten zufolge wurden bei dem Massaker in dem israelischen Ort Kibbutz Kfar Azza [sic] auch Babys tot aufgefunden, darunter auch einige enthauptete
  • Ticker-Meldung Apollo News: Hamas enthauptete 40 Babys in israelischem Kibbutz [sic]

Der Journalist Julian Reichelt kommentierte in einem X-Posting: "Man hat keine Worte mehr für das, was in Israel geschehen ist. 40 Babys ermordet, viele von ihnen enthauptet". Internationale Schlagzeilen lauteten hinsichtlich der unreflektierten Übernahme:

  • New York Post: Hamas tötet 40 Babys und Kinder – einige von ihnen werden enthauptet
  • CNN: Nach Angaben der IDF wurden in einem israelischen Kibbuz "geschlachtete" Kinder gefunden
  • Daily Express (England): Das ist kein Krieg und keine Schlacht. Es ist ein "Massaker": Entsetzen über die "absolut böse Enthauptung von Babys"
  • Aska News (Italien): Israel: Hamas tötet 40 Kinder im Kibbuz von Kfar Aza

Vermeintlich untermauert wurden die Informationen ungenannter Soldaten durch die Aussage von General Itai Veruv, Chef-Kommandeur des Tiefenkorps der israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Dieser teilte laut Times of Israel den anwesenden Journalisten vor Ort im Kibbuz mit:

"Sie sehen diese Babys, diese Mütter, diese Väter in ihren Zimmern, in ihren sicheren Räumen, sehen Sie, wie die Terroristen sie getötet haben. Das ist kein Krieg ... das ist ein Massaker."

Der Artikel der türkischen Nachrichtenagentur zeichnet demgegenüber ein anderes Bild. Bezüglich der offiziellen Wahrnehmung der israelischen Armee heißt es wörtlich in dem Beitrag:

"Als Anadolu die Sprecherin der israelischen Armee telefonisch zu den Vorwürfen befragte, sagte sie: "Wir haben die Nachrichten gesehen, aber wir haben keine Details oder Bestätigung dafür."

Die Journalistin Christine Kensche, die für die Springer-Publikation Welt, die US-Zeitung Politico und den österreichischen Standard arbeitet, kommentierte via X-Posting zur Causa "Hamas-Babys" am Dienstagvormittag, dass sie ebenfalls Informationen des israelischen Verteidigungsministeriums (IDF) erhalten hätte. Das IDF würde demnach "keine Zahlen bestätigen, was jedoch im Kibbuz 'Kfar Azza' passiert ist, ist ein Massaker, bei dem Frauen, Kinder, Kleinkinder und ältere Menschen in einer ISIS-Aktion brutal abgeschlachtet wurden". 

Mehr zum ThemaNahost-Konflikt: Putin und Erdoğan fordern Zwei-Staaten-Lösung

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.