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Internationale Wissenschaft äußert wachsende Sorge bei Therapien mit Pubertätsblockern

Regelmäßig thematisieren auch deutsche Medien das Thema der Genderdysphorie, auch Transsexualismus genannt, wobei der oder die betroffene Jugendliche das ihm zugeordnete Geschlecht hinterfragt. Fachgesellschaften ziehen nun das bedenkliche Resümee diesbezüglicher pharmakologischer Therapieformen.
Internationale Wissenschaft äußert wachsende Sorge bei Therapien mit PubertätsblockernQuelle: Gettyimages.ru © Ilja Enger-Tsizikov

Das Deutsche Ärzteblatt, ein offizielles Organ der Ärzteschaft, herausgegeben von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, berichtet in einem ausführlichen, längeren Artikel über den Status quo wissenschaftlicher Erkenntnisse zum kontrovers wahrgenommenen Reizthema der Therapie von Kindern mit sogenannten Pubertätsblockern. Diese Cross-Sex-Hormone kommen zum Einsatz, wenn das betroffene Kind, der/die Jugendliche und die Eltern zusammen mit behandelnden Ärzten und Therapeuten einen entsprechenden Schritt einleiten.

Die Therapieform kommt zum Einsatz bei sogenannten "nonkonformen Geschlechtsidenti­täten", einer Störung der individuellen Selbstwahrnehmung, auch als Transsexualismus oder Genderdysphorie bezeichnet. Der Ärzteblatt-Artikel stellt dazu einleitend fest:

"In immer mehr europäischen Ländern – zuletzt in England – mahnen Fachgesellschaften zu grö­ßerer Vorsicht im Rahmen einer sogenannten 'Gender-affirming Care' oder affirmativen Therapie von Minder­jährigen mit Transitionswünschen."

Eine pharmakologische wie auch operative Transition beabsichtigt als erwünschtes Ziel den Vorgang der "körperlichen Geschlechtsangleichung", also einer unnatürlichen Manipulation. Auf der Webseite Regenbogenportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMSFJ) wird dazu geschrieben:

"Ziel einer körperlichen Geschlechtsangleichung – auch Transition genannt – ist es, sich danach im eigenen Geschlechtskörper stimmiger, wohler und zufriedener zu fühlen. [...] Heute existiert ein erweitertes Verständnis über die Geschlechtskörper und Geschlechtsidentitäten des Menschen. Diese zeigen eine unendliche Vielfalt auf, die immer individuell nuanciert ist. Diese Erkenntnis ist befreiend für diejenigen, die sich vielleicht nur teilweise körperliche Veränderungen wünschen. Niemand sollte sich unter Druck setzen, durch eine Transition die Prototypen Mann oder Frau zu erreichen."

Zusammenfassend ist in dem Ärzteblatt-Artikel zu lesen, dass eine diesbezügliche pharmakologische Behandlung, "die die Pubertät anhält und danach mit Cross-Sex-Hormonen die Ausbil­dung von gegengeschlechtlichen körperlichen Geschlechtsmerkmalen fördert", laut jüngster wissenschaftlicher Auswertungen "zurückhaltender einge­setzt werden" sollte – erweitert sogar nur noch "im Rahmen wissenschaftlicher Studien". "Zahlreiche" der ausgewerteten Begründungen der Studien hätten aufgezeigt:

"Die wissenschaftliche Evidenz dafür, dass diese Therapien eher nützten, als dass sie schadeten, sei nicht so robust, wie über viele Jahre hin­weg proklamiert worden sei." 

Welche Schlussforderungen aus diesen jüngsten Erkenntnissen gezogen werden müssten, "was das bedeutet und ob dadurch auch die Therapieentscheidungen hierzulande beeinflusst werden könnten", würde in der betrachtenden Wissenschaft zu "kontroversen" Stellungnahmen führen.

Unbestritten sei weiterhin das gemeinsame Ziel aller Beteiligten, der oder dem Betroffenen "bestmöglich zu helfen und sie in ihrer Entwicklung optimal zu unterstützen". Die dabei eingesetzten Pharmaka, bei entsprechender Therapieentscheidung zu Pubertätsblockern, würden dafür sorgen, "die physiologisch angelegte körperliche Geschlechtsreife zu stoppen".

Erweiternd in der Behandlung eingesetzte Cross-Sex-Hormone, etwa die Sexualhormone Testosteron, Östradiol oder Progesteron, werden dazu benutzt, "um bei Jungen mit Transitions­wunsch typisch weibliche Geschlechtsmerkmale zu induzieren und umgekehrt bei Mädchen eine Vermännlichung zu fördern". Abschließend kommt es oft noch zu chirurgischen Ergänzungen, also unnatürlichen Anpassungen, so zum Beispiel bei älteren weiblichen Jugendlichen und Frauen zu therapiebegleitenden Mastektomien (kompletten Brustentfernungen).

Inwieweit diese gesellschaftliche Enttabuisierung eines sensiblen Themas inzwischen fortgeschritten ist, kann durch die jüngste Werbekampagne des Elektrokonzerns Braun bestätigt werden:

Die Sprecherin der britischen Initiative "Sex Matters", Maya Forstater, kritisierte im britischen Medium The Telegraph bezugnehmend der Braun-Werbekampagne:

"Für die Entfernung von gesundem Brustgewebe zu werben, ist nicht nur schockierend unmoralisch, sondern verstößt auch gegen die Werberichtlinien, die kosmetische Operationen nicht verherrlichen oder trivialisieren sollen." 

So hätte sich die Zahl der Mastektomien "einer jüngsten US-Studie zufolge zwischen 2013 und 2020 verdreizehnfacht, vorgenommen bei Mädchen im Alter ab 12 (bis 17) Jahren". Im Ärzteblatt-Artikel wird darauf verwiesen, dass bereits im Juni der "National Health Service" (NHS) in England bekannt gab, dass "Pubertätsblocker nur noch in Aus­nahmefällen Minderjährigen verschrieben werden sollen" – mit der Begründung, dass die Evidenz in puncto Sicherheit und klinische Wirksamkeit fehle. Weiter heißt es dazu:

"Gleichzeitig warnte nach Angaben der BBC der NHS Kinder mit Transitionswünschen und deren Familien davor, sich von Online-Anbietern oder nicht autorisierten Quellen einschlägige Hormone zu beschaffen. Der NHS habe vor, so heißt es in dem Beitrag weiter, den Einsatz von Pubertätsblockern außerhalb wissen­schaft­licher Studien einzuschränken."

Bezüglich einer themenbezogenen internationalen Wahrnehmung heißt es in dem Ärzteblatt-Artikel exemplarisch darlegend:

  • Zu Beginn des Jahres sei die Meldung gekommen, dass auch Schweden – lange ein Pionierland in Bezug auf die Rechte der Queergruppen – hinsichtlich der Behandlung der Jüngsten die Gender-affirming care ebenfalls eingeschränkt habe.
  • Im März 2023 habe das Norwegian Healthcare Investigation Board (Ukom) laut Meldung im BMJ in einem Bericht festgehalten, dass die Leitlinien für die Behandlung von Genderdysphorie inadäquat seien und revidiert werden müssten. Dieser Bericht lege offen, dass es "ungenügende Evidenz für den Einsatz von Pubertätsblockern und Cross-Sex-Hormon-Behandlungen gebe", insbesondere bei Teenagern, die in immer größerer Zahl mit solchen Wünschen vorstellig würden.
  • Wie zur Bestätigung einer solchen Entwicklung hätten schließlich die Zweifel an einem "weiter so" inzwischen selbst das Mutterland der affirmativen Therapie erreicht – die Niederlande.

Des Weiteren hätte in den USA "eine Koalition aus Betroffenen, deren Eltern, aber auch Ärztinnen und Ärzten sowie Mitarbeitenden aus Gesundheitsberufen" eine diesbezügliche Petition an die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA gerichtet. In dieser werde die FDA aufgefordert, "endlich eine sorgfältige Analyse von Nutzen und Risiken der Pubertätsblocker vorzunehmen". Das Ärzteblatt sieht dabei jedoch die Notwendigkeit für einen Artikelhinweis, der besagt, dass "sich hierbei klar zeigen würde", dass diese Entwicklung "mit der politischen Ausrichtung eines Bundesstaates korrelieren" würde. Es seien "vorwiegend die republika­nisch geführten Staaten, die nun eher restriktive Maßnahmen in Bezug auf die pharmakologische und chirur­gische Behandlung von Transgenderpersonen oder Menschen mit binären Geschlechtsidentitäten ergreifen".

Zum Thema diesbezügliche "Konsequenzen für Deutschland" wird Tobias Banaschewski, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und Stellvertretender Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, zitiert. Deutsche "Fachleute" würden laut Banaschewski "diese Entwicklung aufmerksam verfolgen". Und weiter:

"Demnächst soll hierzulande den beteiligten Fachgesellschaften die entsprechende Leitlinie zur Kommentie­rung vorgestellt werden. Daher müssen wir uns alle intensiv mit den neuen Argumenten auseinandersetzen."

Die bis dato geltende Leitlinie 'Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit' befände sich daher "derzeit in einem Überarbeitungsprozess". Ausschlaggebend für die internationalen Neubewertungen, ausgehend entsprechender jüngerer Studien, sei die Tatsache, dass "der rein quantitative Zuwachs an jungen Menschen, die eine Therapie anstreben, innerhalb der medizinischen Fachwelt Skepsis hervorge­rufen hat". Diesbezüglicher Dynamiken heißt es dem Beitrag:

"In praktisch allen Artikeln, die sich mit den jüngsten Rollback-Entwicklungen befassen, wird auf die Vervielfachung der Behandlungen hingewiesen – und auf die Zahlen aus England zurück­gegriff­en: So suchten im Jahr 2011 noch 250 junge Menschen das GIDS in London um Hilfe auf, zehn Jahre später, 2021 waren es schon rund 5.000."

Solche Dynamiken, "eindeutige Zahlenbeispiele", seien für Deutschland bislang nicht zutreffend, so Banaschewski, "allerdings beobachten auch hier die damit befassten Expertinnen und Experten einen starken Zuwachs an Personen, die die entsprechenden Kliniken wegen ihrer Geschlechtsdysphorie aufsuchen". Dabei handele es sich "in der überwiegenden Zahl um Mädchen". Zu möglichen Gründen dieser je nach Blickwinkel bedenklichen Entwicklung heißt es in dem Artikel:

"Die einen halten es für eine durch öffentliche Medien getriggerte Entwicklung, die anderen sehen darin die Bestätigung, dass sich aufgrund größerer gesellschaftlicher Offenheit mehr Betroffene trauen, entsprechende Unterstützung zu suchen."

Verkürzt zusammengefasst wären es neben der unsicheren Datenlage "vor allem die unglücklichen Verläufe einer Transition, die inzwischen aufgrund der medialen Berichterstattung die Diskussion um Risiken einer frühen 'Gender-affirming care' befeuern". In einer diesbezüglichen Befragung heißt es:

"Eine Befragung von 100 'Detransitioners' ergab, dass sie zu zwei Dritteln weiblich sind, dass sich mehr als die Hälfte (55 Prozent) nicht genügend aufgeklärt fühlte. Fast die Hälfte (49 Prozent) fürchtete Komplikationen bei weiteren Transitionsschritten, zum Beispiel den Operationen. Mehr als ein Drittel (38 Prozent) erklärte, die Genderdysphorie sei eigentlich durch ein Trauma, durch Missbrauch oder wegen einer vorbestehenden psychisch-psychiatrischen Erkrankung entstanden."

Zudem zeige sich die Auffälligkeit, dass fast ein Viertel (24 Prozent) der Ausübenden einer "Detransition", dem Ablegen der "neu angelegten" Identifikation, ihren Therapeutinnen und Therapeuten "nicht mehr zurückmeldete, dass sie sich nun anders entschieden hatten". Diese Realität könne dazu führen, dass "die Behandelnden unterschätzen" würden, wie viele Menschen sich wieder umentscheiden.

Am Ende des Ärzteblatt-Artikels finden sich vier diesbezüglich erbetene Kommentare von Forschenden zum Thema "neuer Restriktionen zum Einsatz von Pubertätsblockern bei Genderdysphorie".

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