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Die chinesische Alternative: Peking enthüllt seine eigene Vision für die Weltordnung

Obwohl sich das Gerede der USA über die Globalisierung letztendlich als Farce entpuppte, ist es immer noch möglich, eine echte Globalisierung aufzubauen. Und China glaubt, die Blaupause dafür gefunden zu haben. Das Land zeigt uns damit eine zutiefst gegensätzliche Vision der Weltordnung.
Die chinesische Alternative: Peking enthüllt seine eigene Vision für die Weltordnung© Leah Millis/Pool Photo via AP

Von Timur Fomenko

Kürzlich veröffentlichte die chinesische Regierung ein Weißbuch mit dem Titel "Eine globale Gemeinschaft mit gemeinsamer Zukunft: Chinas Vorschläge und Maßnahmen". Das Papier appelliert an die Einheit der Welt und argumentiert, dass die Menschheit vor gemeinsamen Herausforderungen für ihr Überleben und ihre Zukunft stehe und sich daher vereinen und kooperieren müsse. Das Papier stellt einen bewussten Kontrast zur Haltung nicht näher benannter Dritter her und verurteilt diese als "Blockpolitik von Allianzen mit der Mentalität des Kalten Krieges".  China skizziert mit diesem Weißbuch ganz ausdrücklich seinen Fahrplan für die eigene globale außenpolitische Vision, und als solches ist es ein alternatives Manifest zur von den USA vertretenen Unipolarität. 

Während sich die USA gegenwärtig als Gegner der Globalisierung zeigen, ist China ihr stärkster Befürworter. Während die USA ihre bisherigen Privilegien behalten und den Entwicklungsländern die Leiter zum Aufstieg und zum Wohlstand vorenthalten wollen, sieht China Offenheit gegenüber der Welt als den einzigen Weg zu seinem eigenen Fortschritt und ermutigt andere Länder, sich anzuschließen. Diese gegensätzlichen Visionen der USA und Chinas bilden eine kritische Gabelung auf dem Weg, den die Welt künftig gehen wird. Letztendlich wird der Aufstieg Chinas entscheidend dafür sein, ob eine multipolare Welt erfolgreich sein kann oder ob die USA ihre Vorherrschaft für immer zementieren können.

Die von den USA geführte westliche Ordnung

In den vergangenen 400 Jahren wurde das internationale System von einer exklusiven Gruppe von Ländern geprägt, die eine Ordnung aufgebaut haben, die darauf abzielt, ihre jeweiligen wirtschaftlichen, kommerziellen, technologischen und militärischen Privilegien zu bewahren. Diese Ordnung wurde aus europäischen Kolonialreichen aufgebaut und Mitte des 20. Jahrhunderts an die USA als Führungsmacht übergeben. Diese Macht leitet sich aus der Verschärfung der Ungleichheit und der Dominanz über die Staaten des globalen Südens ab, indem der Zugang zu Kapital von ideologischer, militärischer und politischer Unterwerfung abhängig gemacht wird. Durch die Aufrechterhaltung dieses Systems wurde nur jenen Staaten, die diese Ordnung akzeptiert haben, wie zum Beispiel Japan oder Südkorea, der Aufstieg zum Wohlstand ermöglicht, während Staaten, die sich dagegen gestellt haben, bewusst von wichtigen Finanz- und Technologiemärkten isoliert wurden. Die USA stehen an der Spitze der Hierarchie und verfügen über ein Netzwerk von Vasallen, die ihre Privilegien aufrechterhalten, indem sie Teil des Systems sind, insbesondere die ehemaligen Imperien Großbritannien, Frankreich, Deutschland und, wie bereits erwähnt, Japan.

Der Aufstieg Chinas

Allerdings hat der Aufstieg Chinas zu einer Wirtschafts- und Technologiemacht, von dem die USA einst glaubten, dass es durch die ideologischen Auswirkungen des Kapitalismus und des Freihandels zu einer westlichen Lebensweise "bekehrt" werden würde, dieses System vor eine einzigartige Herausforderung gestellt. Es ist ein neues globales Machtnetz entstanden, das an die Stelle des ehemaligen großen Herausforderers der westlichen Weltordnung, der Sowjetunion, getreten ist und nun den Ländern des globalen Südens eine Möglichkeit eröffnet, sich ihre eigene politische und wirtschaftliche Autonomie außerhalb der US-dominierten Weltordnung zu sichern, ohne sich den ehemaligen Kolonialmächten unterordnen zu müssen. Dies hat zu umfassenden Maßnahmen der USA geführt, um den Aufstieg Chinas mit verschiedenen Mitteln zu unterdrücken, darunter Technologieembargos, militärische Einkreisung, Eskalation der Spannungen und eine negative globale Medienkampagne, um Chinas Ansehen in der Welt zu schaden.

Damit haben die USA begonnen, das System der Globalisierung, das sie einst als selbstbewusster und mächtiger Hegemon aufgebaut hatten, aktiv rückgängig zu machen, um ihre bisherigen Privilegien aufrechtzuerhalten und die globale Machtverteilung wieder in den Zustand der Unipolarität zu versetzen. Dies sendet die Botschaft an den globalen Süden, dass es keinem Land erlaubt sein wird, wohlhabend zu werden oder sich zu entwickeln, wenn es sich nicht den Bedingungen und Konditionen der USA unterordnet. China hingegen ist durch seinen wirtschaftlichen Aufstieg – ironischerweise – der Hauptnutznießer des einst von den USA kreierten offenen Systems der Globalisierung. Daher besteht Chinas primäre außenpolitische Strategie nicht darin, direkt in einen konfrontativen Kalten Krieg mit den USA zu treten, sondern vielmehr darin, dessen Auswirkungen abzuwenden, indem es versucht, das globale System offen zu halten.

China versteht, dass die Hauptstrategie der USA darin besteht, die Spaltung zwischen einzelnen Ländern zu schüren, um sich anschließend als Garant und Retter zu präsentieren und dadurch erneut Einfluss auf diese Länder zu gewinnen und über seinen militärisch-industriellen Komplex Gewinne zu erzielen. In allen Fällen versuchen die USA, die Integration zwischen den Ländern aufzubrechen, indem sie beispielsweise von Europa fordern, auf russisches Gas zu verzichten. Andererseits fördert China das, was es als "Win-win"-Integration und Offenheit zwischen den Ländern bezeichnet, um sein wirtschaftliches Potenzial voll auszuschöpfen und vom Freihandel zu profitieren. Dabei warnt Peking vor den Folgen einer gespaltenen Welt und befürwortet Einheit als das wahre Interesse der Menschheit, im Gegensatz zu der binären und kompromisslosen Betonung von Freiheit, Demokratie und von Konflikten durch die USA. Daraus ergeben sich zwei zutiefst gegensätzliche Visionen einer Weltordnung. Während sich Länder wie Großbritannien, Kanada und Japan eindeutig auf die Seite der USA geschlagen haben, haben die Länder, die sich in der Mitte bewegen, dies nicht getan und werden letztendlich über ihr eigenes Schicksal entscheiden müssen.

Aus dem in Englischen.

Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.

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